Früher hat das Lied unsere 2,5 Zimmer Wohnung regelmäßig beschallt und grade fällt mir das Lied aus Kindheitstagen wie zufällig in den Schoß. Heimat ein Begriff der seit 2015 so zermanscht wurde, dass viele ihn schon nicht mehr hören können. Heimat ist nicht der Begriff zum überstülpen. Nein Heimat definiert jeder selbst für sich und das ganz allein.
Johanniter Ecke Brachvogel, da nahe der Heilig Kreuz Kirche in der ich konfirmiert worden bin. Da wo ich jeden Stein kennenlernen musste um nicht schon früh zu stolpern. Da wo ich meine Oma hatte die mich ins Leben eingeführt hat. Dort wo all die interessanten kleinen Läden waren, die all diese Amazon Besteller von Heute nie kennenlernen durften und dadurch nie vermissen werden. Da wo es Läden gab, in den es außer Schallplatten und Phono Zubehör wie Diamanten und Ortofon System Köpfe fast nichts gab.
Heimat das ist das wo wir die Toten beweint, zu Grabe getragen und später deren Gräber gepflegt haben. Die Ecke wo Hertie stand und mich rechts und links meine zwei Schulen umarmten.
Ganz ehrlich ab und an träume ich auch davon in meine alte Wohnung, also die meiner Eltern, oder zumindest das Haus zu ziehen. Kontakte hätte ich sogar und weiß dass die Mieten dort grade noch erträglich wären. Die Wohnung wäre zwar klein aber mit etwa 500 Euro warm bezahlbar für Berliner Verhältnisse.
Aber Berlin ist eben nicht mehr Berlin und so bedeutet das noch einmal Abschied nehmen. Nochmal all das verlieren was den Begriff Heimat einst ausmachte. All das endgültig einstampfen, bis es eines Tages der eigenen Demenz zum Opfer fällt. Dann wohl sicher zum allerletztem Male.
Heute im Jetzt und Hier erwischt es mich manchmal wie aus heiterem Himmel, ein Lied der Kneef oder alte Weisen aus dem Radio, welches ja auch seinen letzten Tönen entgegen schreitet. Das abschalten des Radio Empfang, in der Schweiz bereits beschlossen. All die herzlichen Erinnerungen die damit in die Tonne getreten werden, – es ist sowas von traurig. Und dabei haben sie es bis heute nicht einmal geschafft das Radio, beziehungsweise seinen Empfang so klar zu machen dass kein Rauschen den Empfangsgenuss stört.
Passend zu meinen Überlegungen dudelt im Hintergrund Bert Kaempfert…
Ich hatte früh einen Faible für solche Musik. Sie ist unaufgeregt und lässt den Gedanken Platz zum atmen. Das lag vielleicht an meinen Eltern, sie liebten eher tschingderassabum Musik und die mochte ich nur im frühjugendlichenvollrausch…. 🤪
Heute, auch mit „Pille“ macht es mir Angst. Angst in eine Zukunft zu schreiten die Empathie nur als Fremdwort kennt und die keine Ahnung von den Gerüchen der Kindheit und Jugend mehr hat. Jeder Laden aus den 50er / 60er Jahren hatte seinen Geruch. Der Plattenladen ebenso wie der Tabak oder Milchladen oder gar die Markthalle mit ihren tausenden Ecken und Gerüchen.
Ich hoffe ich kann sie mir bis ans Ende meiner Tage ins Gedächtnis rufen und ihre Erinnerungen mögen nie auch nur verblassen denn so schön, schön war die Zeit…
„Suchet jetzt die Tage so zu färben,
der Moment hält seine Farben treu,
dass, wenn nach und nach die Freuden sterben,
bleibender Genuß im Rückblick sei.“
– Johann Gottfried Seume (1763 – 1810)
Foto/Text JK ©28/09/2020
