Ja so war das damals mit der intellektuellen Annabelle von Herrn Mey. Wie schon gesagt oder besser erzählt liefen wir uns früh über den Weg. Und obwohl das nun wirklich der pure Zufall war, hat der Barde doch mein Leben beeinflusst. Lyrische Texte habe ich jede Menge verfasst, sie wurden zwar selten Hits, jedoch belustigten sie manch illustre nächtliche Gesellschaft.
Was mich an Mey immer faszinierte war sein Spektrum. Mal war es die alte Frau Pohl, dann der melancholische Ausflug zum Hauptbahnhof Hamm und das lange bevor uns Udo den griechischen Wein präsentierte. Hauptbahnhof Hamm steht dem nichts nach!
Diese meine erste Doppelscheibe Mey live ich habe sie bis Heute in meinem Herzen und würde sie nicht für alles Gold der Welt eintauschen.
Manchmal schaffen es einige wenige mich auch Heute noch zu berühren. Aber so wie mich der Reigen der sogenannten Liedermacher von Roski bis Mey hin zu Schobert & Black bewegt haben, nein – so eher nicht.
Es war eine glückselige Zeit und ich hatte mit meinen jungen Jahren scheinbar nichts zu befürchten. Alles lief wie auf einem Bahngleis ab. Die Liebe, das Lernen, die Ausbildung und der grandiose Spaß am erwachsen.
Ich wollte wie Orpheus singen, erschien 1964 und wenig später müssen wir uns erstmals begegnet sein. Mutter gab mir die eine Mark die dann im Hut oder dem Gitarrenkoffer landete. Zurück blieb all meine Faszination die sich noch lange gedulden musste bis Anfang der 70er das Album Live erschien.
Tausend mal hab ich das Album gedudelt, seine Rillen ausgefräst von immer besseren, – weil teureren Tonabnehmern wie Ortofon. Geliebt habe ich die frühe Melancholie in mir und meinen Gedanken. All die Erinnerungen an nächtliche Heimfahrten von Oma mit der S-Bahn durch das herbstliche Berlin. Den funkelnd gleißenden Schein der Gaslaternen beim Blick durch die beschlagenen Scheiben der Bahn wenn das innere Licht sich wie so oft versagte. Die leichte Kühle, all die Gerüche und diese grenzenlose Ruhe, all das mag ich so sehr, dass ich einen Handel eingehen würde wenn es noch einmal so wäre…
Und wenn der Lärm das Grau versteckt
Hält das Signal sich für ein Minarett
Der Zeitungsmann sich für den Muezzin
Der Bahnhofsvorsteher für Mohammed
Und heißt die Züge gen Mekka zieh’n…
©Reinhard Mey – Hauptbahnhof Hamm-
Foto/Text JK ©17/08/2020
