Vielleicht wäre es ja an der Zeit auch wieder einmal an alte Freunde zu denken und sich ihnen wieder ein wenig mehr zu widmen. Aber derzeit habe auch ich einmal keine Zeit für Befindlichkeiten. Das Leben ist auch bei einem wie mir eine Achterbahn. Und just in diesem Abschnitt vermute ich hinter jedem Ast, die versteckte Kamera. Wohlwissend, dass der gute Herr Felix bereits dem Krebs zum Opfer gefallen ist.
So liege ich von den Geschehnissen des Tages selbst bei dunkler Nacht wach und meine Gedanken kreisen wie in einer Mittsommernacht um mich herum, wie die Fliegen auf dem Bauernhof um das Stall Licht. Ein einziges flimmern. Alles scheint vage und unerkennbar am gleißenden Horizont.
Die Tage fließen dahin und die Laune geht gegen null.
Alles ist eigentlich gut, das Leben läuft und doch ist da dieses fast unüberwindbar scheinende Gebirge am Horizont, an dem jeder Schritt zur Qual zu werden scheint.
Wie bei jeder Mittsommernacht, ist auch bei meiner das Licht eher fahl, schattenlos und unterkühlt. Es absorbiert daher die Gefühle nicht, um sie wie die Sonne in Glückshormone zu wandeln, sondern verstärkt eher jeden noch so kleinen Zweifel um ihn am wolkenverhangenen Horizont aufsteigen zu lassen.
Aber auch das ist das Leben und wie die Gezeiten an meiner lieben Nordsee ist alles immer auch ein „Kommen und Gehen“.
Auf dem Bahnsteig des Lebens fahren Züge ein, Menschen steigen ein und aus. Herzzerreissend manche Abschiedsszene und doch hat jeder Abschied seine Geschichte und auch wenn man längst nicht jede begreift, sind wir doch dazu verbannt ihr beizuwohnen. Wir schauen den abfahrenden Zügen hinterher und müssten doch eigentlich mit im Zug sitzen. Jedoch bevor wir den Schmerz des Abschieds noch erleben und ertragen könnten, müssen wir schon aufpassen, dass unsere noch immer erstarrte Seele nicht von neu einfahrenden Zügen erfasst und überrollt wird.
Das Leben ist schnell geworden und durch den fehlenden Schlaf der Nacht wird es unüberschaubar. Wird wie ein flimmern, so wie einst die ersten Flimmerkisten unserer Großeltern. Alles schien in einem Kasten heranzuwachsen. Die Geburt, das Erwachsenwerden, die Ehe, die eigene Familie, Glückseligkeit, Freude, Liebe und am Ende der Tod. Gebannt auf Zelluloid und mit der Überschrift „mein Leben“ in einer kleinen Filmbox der Nachwelt erhalten und zugänglich gemacht.
Stille…
nur die Kaminuhr atmet ihr altes gleichmäßiges Lied. Ihr Werk tackert durch den Tag. Jede Sekunde, jede Minute und Stunde, Tag für Tag und Nacht für Nacht singt sie ihr Lied und lässt sich ebenso wenig von der Mittsommernacht, wie von den vielen Schicksalen um sie herum beeindrucken. Gleichmäßig und ruhig ihr Tick und gleichmäßig und ruhig ihr Tack. Anders als die menschliche Seele, deren Ruhe immer und immer wieder durchbrochen wird. Von all den Ungerechtigkeiten, den vielen Grausamkeiten und den kleinen und großen Kämpfen des Lebens, auf die wir mehr oder weniger vorbereitet reagieren und uns ausrichten und stellen müssen.
Grade denke ich an Udos Scheibe „Wir sind stärker als der Tod und als die Zeit“, singt Udo Lindenberg am Ende dieses Albums, das er dann auch so genannt hat, „Stärker als die Zeit“, und plötzlich wird auch mir wieder einmal klar: „Wir“, das sind „Wir“, wir alle.
Und urplötzlich taucht er wie damals ganz selbstverständlich im Atlantic Hotel in Hamburg, am Mittsommer Himmel auf und schwingt eine Flasche Whisky tänzelnd durch die graue Nacht, während in seinem Mundwinkel die Zigarre vor sich hin glimmt.
Wie singt der gute doch grade:
Es geht nicht immer geradeaus
Manchmal geht es auch nach unten
Und das wonach du suchst
Hast du noch immer nicht gefunden
Die Jahre ziehen im Flug an dir vorbei
Die Last auf deinen Schultern, schwer wie Blei
Jeden Morgen stehst du auf
Und kippst den Kaffee runter
Deine Träume aufgebraucht
Und du glaubst nicht mehr an Wunder
Mit Vollgas knapp am Glück vorbeigerauscht
Was dich runterzieht
Ey, ich zieh dich wieder rauf…
Ein Entrinnen gibt es eh nicht, aber ich glaube nach wie vor an das Leben; – und so wird auch diese „Mittsommernacht“ vorüber gehen und so weiß ich, das hat mir das Leben gelernt, hinter vielen schwarzen Wolken, warten schon die besseren Zeiten…
❤ lich Euer JK
Foto/Text JK ©26/05/2020

Gut nachvollziehbar für mich..auch ich kämpfe immer wieder gegen dunkle Wolken, gerade auch zur Zeit…und das Lied von Udo mag ich sehr…🙂
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😊 danke ich sagte es glaube ich schon, etwas seelenverwandt sind wir dann wohl doch 😉👍🏻
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