Oh mein Gott, was war das für eine Zeit. All das Hoffen, all das Bangen bekam plötzlich ein Ende. Ja, das Jahr 1963 war zu derem Ende hin betrachtet, Balsam auf die geschundenen Seelen der Berliner.
Als Kind bekamen wir bereits mit, dass da etwas in der Luft lag und das ohne TV & Smartphone.
Irgendwie hatten sie es geschafft ein wenig Menschlichkeit in die Berliner Mauer zu bringen. Wir durften also an Weihnachten die Verwandtschaft in Ost-Berlin besuchen.
Zwei Jahre war alles dicht und mangels Telefon und Überwachung des Briefverkehrs war es zunehmend schwer auch nur eine einfache Kommunikation aufrecht zu halten.
Schlimme Zeit!
So standen wir in den Wintertagen, dem kältesten des letzten Jahrhunderts, brav und ausdauernd in einer scheinbar nicht enden wollenden Menschenschlange und warteten auf ein kleines Zettelchen, welches für uns die Welt bedeutete.
Manchmal wünschte ich mir diese Zeit zurück. Nicht weil ich das je im Leben noch einmal bräuchte, sondern um den vielen Nörglern unserer Gegenwart einmal aufzuzeigen, was ihnen anscheinend aus dem Bewusstsein gefallen ist.
Nun ich denke Friedrich Nietzsche hatte wohl recht als er sagte:
„Alles Gewohnte zieht ein immer fester werdendes Netz von Spinnweben um uns zusammen und alsbald merken wir, dass die Fäden zu Stricken geworden sind und dass wir selber als Spinne in der Mitte sitzen, die sich hier gefangen hat und von ihrem eigenen Blute zehren muß.“
Vielleicht kommt mein Wunsch, die Zeit zurück zu drehen, grade aus diesem Zitat heraus. Zumindest wäre es für einen wie mich dann eben doch eine Art Genugtuung, die brüllende Meute mal wieder ostwärts hinter der Mauer zu sehen. Auch wenn es ihre eigene Mauer wäre, – oder besser: erst recht, wenn es ihre eigene Mauer wäre…
Foto/Text JK ©06/11/2018