Grade fliegen die Schicksalsschläge wieder einmal tief und schlimmer noch sie treffen genau ins Ziel. Als wir 2013 meine kleine Schwester betrauerten, da hatten wir grade vorher noch einen gemeinsamen Urlaub in Wien absolviert. Da ahnte noch keiner was kurze Zeit später wie ein Horrorfilm auf uns herniederprasselte.
Der Krebs hatte sie erwischt und das in Windeseile. Eins, zwei, drei war sie nicht mehr unter uns. Fassungslos standen wir da und realisierten erst lange Zeit später was uns genommen wurde. Kurz vor dem 50sten Geburtstag ist sie gegangen und ihr jüngerer Freund musste mit der plötzlichen Einsamkeit genauso kämpfen wie wir alle.
Das Grab das liebevoll von den Eltern gepflegt wird, ist seither das einzige was geblieben ist und was der kleine Rest für eine noch kleinere Trauergemeinde ist. Im Sommer viel zu warm und im Winter viel zu kalt liegt sie da. Und bei jedem täglichen Besuch ihrer Eltern hört sie immer wieder die selben klagenden Worte:
Warum liegen hier nicht wir und warum bringst du nicht Blumen auf unser Grab?
Es hilft ja nicht aber es klagt etwas an was Eltern nun einmal überhaupt nicht auf der Agenda haben. Wie auch?
Was am Ende übrig bleibt sind dann eben oft quälende Fragen und der große Schmerz welcher wohl nie wirklich aufhören wird. Das eigene Lebensende wird davon zugeschmiert und so bleibt am Ende ein unerwartetes Bollwerk, welches mit der Hoffnung einhergeht den ewigen Frieden zu finden. Loszulassen was hätte nie zu erst gehen dürfen und was einem ein angeblich „Barmherziger“ genommen hat.
So bleibt am Ende keine Zeit mehr den Fokus auf das eigene Schwinden der Kräfte zu lenken, sondern der Wunsch nach Beantwortung jener Frage welche das Ende des eigenen Lebens bis zur letzten Sekunde bestimmt hat:
Die Frage nach dem „warum“!?
Aber als wenn das alles nicht bereits schlimm genug gewesen wäre, bahnt sich bereits seit Wochen der nächste Dolchstoß an. So haben die Kollegen mit dem weißen Kittel nunmehr auch den Krebs des Freundes als Sieger ausgerufen und die Fassungslosigkeit in diesen Tage ist auf einen neuen Höchststand geklettert.
Alles was man auch an Superlativen jetzt an Sprache aufbringen wollte, es wären allenfalls Worthülsen die jedes Ziel verfehlen würden.
Das letzte Hemd wird nun im Hospiz gewechselt und wieder wird es heißen:
Mein Gott der war doch auch erst 50 und dann ereilt ihn das gleiche Schicksal und nun müssen sich die Eltern von ihr um beide kümmern. Tochter und ihr Freund in einem gemeinsamen Grab für immer vereint. Einzig den Trauschein haben sie nicht mehr realisieren dürfen/können, was für eine tiefgreifende Tragödie.
Ich sage mal so, es fällt mir hier schwer noch etwas „Gutes“ zu finden, oder finden zu wollen. Beim frühen Tod meiner Mutter habe ich es dann mit einfachen Mitteln finden können. So wäre sie zerbrochen hätte sie gesehen, was sie beim Enkel alles gemacht hat und was ihr alles beim Urenkel versagt geblieben wäre. Vielleicht wollte ja der da oben meine Schwester beschützen und ließ sie nachdem ihr erster Mann schon starb nun vor der zweiten Tragödie sterben. Jedoch macht das alles am Ende wenig Sinn, wenn Menschen mit 50 Jahren aus dem blühenden Leben gerissen werden…
Das Leben ist schwächer als der Tod
und der Tod ist schwächer als die Liebe
Khalil Gibran
Foto/Text JK ©25/02/2018