Susi wohnt im Souterrain…

Die Winter sind scheiße kalt in Berlin. Nicht immer gibt es viel Schnee, aber der Wind von Osten, der durch die Häuserreihen bläst, kann einem jeden Spaß verderben beziehungsweise nehmen. So war es auch 2009 als ich mich auf die Straße begab um mich selbst zu suchen. Es sollte ein langer Weg werden, aber in jedem Fall im Nachhinein betrachtet ein lohnender.
Früh stand mein Hauptwohnsitz fest. Ein Freund hatte mir seine 140 Quadratmeter Wohnung im 2.Stock in Lichtenrade zur Verfügung gestellt da er sich in Richtung Hamburg ein Domizil gebaut hatte und noch nicht klar war, was mit der alten Bleibe passiert. Kalt war es dort, die Räume leer bis auf eine Couch, einmal Billy und ein Küchentisch mit Stühlen, die schon bessere Zeiten erlebt hatten.
Regelmäßig kalt zu duschen sollte Gewöhnungssache werden dachte ich damals noch, aber ich sollte mich auch hier täuschen. Im Übrigen genauso wie ich mich irrte, dass es auf warme Mahlzeiten, warmes Wasser zum Wäschewaschen und Zähneputzen nicht ankommt. Immer öfter machte mich das träge. Was sollte ich bei der Kälte aus dem Bett kriechen und auch wenn die Couch nur 80 Zentimeter breit war, bot sie durch mein Deckbett ein wenig Wärme.
So wurde es jeden Morgen ein Kampf mit dem Aufstehen und zu 99% hat der Wille etwas in mir zu verändern gewonnen. Nur wenn der Sturm gepaart mit Schnee an die Scheiben klopfte, blieb ich auch mal einfach unter der wärmenden Decke liegen. Aber wie gesagt selten.
Irgendwann jedoch fing ich an meine Telefonisten zu durchforsten und dank meiner zu jeder Zeit hartnäckigen Bereitschaft Freundschaften zu erhalten, wurde ich schnell fündig. Erstaunlich schnell tauchte ich wieder ein in den Moloch Berlin, die Stadt hatte meine Freundinnen nicht verschlungen sondern nur für mich aufbewahrt schien es mir. So knüpften wir an, an all die schönen Anekdoten längst vergangener Tage. Sprachen von Gemeinsamkeiten, von Leben und erleben und nach einer warmen Mahlzeit, ein, zwei Flaschen Wein, gab es eine warme Dusche und ein bereits vorgewärmtes Bett.
Das hört sich für den Leser erstmal nach Romangeschichte an, war es aber nicht. Meine Freundinnen, also jene von denen ich hier erzähle, lebten lange schon alleine. Das bedeutet eben nicht nur Scheidung, Krieg und Terror, nein oft war der Verlust des Partners ebenso tragisch wie Leben nun mal sein kann. Viele Gespräche begleiteten solche Abende und manche Träne wurde mit dem Rotwein heruntergespült. Niemand hat sich dann über den anderen gestürzt und schon überhaupt nicht wurde eine Gier befriedigt.
Nein es ging um so viel mehr und ich denke, das Wort Freundschaft bekam in der Zeit mehr denn je seine tiefe Bedeutung. Man macht sich oft keine Gedanken wenn man auf den partnerlosen Teil unserer Gesellschaft stößt. Es ist am Ende vergleichbar mit der Kälte die ich schon kurz nach meinem Einzug in die leere Wohnung spürte. Du hängst plötzlich an deiner Decke und möchtest den wärmenden Platz am liebsten nicht mehr verlassen. Wenn man sie dir wegnehmen würde, dann bliebe eben nur dieser kalte Raum, in dem jeder Atemzug sich sichtbar im Tageslicht als kleiner Rauchschwaden abzeichnet.

Einsamkeit, es ist eine unendliche Einsamkeit die einen überkommt und so brachte meine kleine Telefonliste nur etwas ins Lot: die Einsamkeit zweier Menschen die sich zusammentaten um einen kleinen oder großen Tiefpunkt der eigenen Lebens-Geschichte in wohliger Wärme gemeinsam zu überstehen… 

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Foto/Text JK ©30/03/2017

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