Kränkungen der Menschen muß man betrachten, als ob sie nicht (wie sie eigentlich auch ja nur selten sind) von ihrem Willen abhängig wären. Dann werden sie gar nicht oder doch nur halb verletzen. Die Natur verletzt nie.
Christian Friedrich Hebbel
Walser sagte einmal: Auch Kränkungen wollen gelernt sein. Je freundlicher, desto tiefer trifft’s. Recht hatte er, denn fast jedem menschlichen Problem liegt eine Kränkung zugrunde, Kränkungen bedeuten Angriffe auf Selbstachtung, Ehrgefühl und Werte, sie treffen uns im Innersten.
Kränkung hat eine nachhaltige Wirkung, anders als Wut, die man rauslassen, von der man sich befreien kann. Aber was unterscheidet Kränkung von Beleidigung oder Demütigung?
Nun die Beleidigung ist eher eine offiziell anerkannte Form, denn ob ich gekränkt bin, hängt aber ganz von mir ab, ob ich schon einen unfreundlichen Blick oder ignoriert zu werden als kränkend empfinde. Eine Beleidigung kann auch von außen wahrgenommen werden, davor schützt uns im besten Fall sogar der Staat. Die Demütigung ist somit die schlimmste Form der Kränkung, die oft auch keinen Ausweg mehr lässt.
Kränkung ist keine Emotion, sie ist eine Interaktion, ein sozialer Prozess zwischen zwei Menschen. Entscheidend ist am Ende immer, was lasse ich an mich heran und was als Kränkung zu? Man muss die Lufthoheit darüber haben, ob man eine Kränkung annimmt, denn nur so kann ich mit ihr zurechtkommen und sie gegebenenfalls auch wieder loswerden.
Allerdings muss ich euch jedoch auch sagen, dass wir auf viele Kränkungen keinen Einfluss haben >können<! Nämlich immer dann, wenn sich der Kränker hinter seiner sicheren Mauer verschanzt. Das tun sie oft, denn sie haben eben oft nicht genug Arsch in der Hose uns direkt mit ihren Kränkungen zu konfrontieren. Aber man kann nicht nicht kommunizieren. Das ließe sich natürlich auch gut übertragen in: Man kann nicht nicht kränken.
Oft passieren Kränkungen auch ganz unbewusst und sind daher auch manchmal unabsichtlich. Die Welt ist voll davon im täglichen Leben und so warten diese bereits auf uns an jeder Ecke. Aber mit diesen kann man lernen umzugehen, um sie letztlich erträglicher zu machen. Man kann eine Kränkung betrachten als Mittel der besseren Selbstkenntnis, denn ob ich will oder nicht, weist sie mich auf meine sensiblen Stellen hin. Man kann sie auch sehen als Mittel zur Menschenkenntnis, man sagt ja zum Beispiel oft, gerade von dem hätte ich das nicht erwartet, es zeigt mir eine bislang unbekannte aggressive, destruktive Seite eines Menschen.
Kränkungen sind letztlich auch in den Familien angekommen. Viele Familientragödien hängen meist damit zusammen, dass der Mann seine Macht verliert, weil die Frau sich autonomisiert, auch ohne den angeheirateten leben kann. Und genau diese Niederlage ist für viele der Anfang aller Kränkungen. Männer ertragen solch psychische Belastungen viel schlechter als Frauen. Sie wollen rasche, radikale Lösungen, Frauen sind bereit, Dinge auszutragen. Wenn der „Patriarch“ verliert, wird er das nicht kampflos tun und so passiert es leider immer wieder, dass wir von „seinem“ letzten „Sieg“ auch schon mal in der Zeitung lesen können.
Wir müssen die Kränkung entmachten, das geht aber nur wenn ich mir meiner Handlungen besser bewusst bin und im Kontakt mit anderen Menschen mehr Empathie für ihre Bedürfnisse aufbringe. Am Ende spare ich so enorm viel Energie und erziele deutlich bessere Ergebnisse im Miteinander.
Die edelste Form wäre eben jedoch das Verzeihen…
Denn man befreit sich so von einem inneren quälenden Gärungsprozess und weil es einem letztlich selbst wieder den inneren Frieden bringt.
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Foto/Text JK ©30/11/2016
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