Es war einmal…so fangen nur Märchen an, aber die sind anderen Büchern vorbehalten. Hier findet sich die Geschichte meines Weges durch das Kreuzberg das mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin.
Achtung „Rohfassung nicht korrigiert !! “
©2009. Jürgen Krupatz
Nun wie komme ich gerade darauf ein Buch über Kreuzberg zu schreiben? Als ich im Jahre 2008 wieder einmal einen dieser Sehnsuchtsschübe nach meiner alten Heimat bekam googelte ich nach Büchern über Berlin-Kreuzberg und fand nichts. Seit 1994 hatte ich mich aus Berlin zurückgezogen und war in das traumhafte Markgräflerland gezogen. Ein Landstrich zwischen Freiburg und Basel. Ein sicher beschauliches Fleckchen, aber ab und zu kam mir denn Berlin doch in den Sinn.
Da beschloss ich, Chaot genug, ein Buch darüber zu schreiben und machte mich und meine Familie mit dem Gedanken vertraut, dass ich ein Jahr nach Berlin gehe um ein Buch zu schreiben, Bilder zu machen und es dann zu publizieren. Soweit so gut fing ich an alles genauestens zu planen und in die Wege zu leiten. Nach einigen Telefonaten stand fest, wohnen bekomme ich hin und das nötige Geld wird schon kommen.
Es war im Dezember 2008 als ich die ersten Pakete in Form von drei schweren Umzugskartons nach Berlin schickte. Ich selbst folgte mit nochmals drei dieser Trümmer eingeklemmt im BMW der Freundin meines Sohnes Anfang Januar 2009. Die Zwei nahmen mich mit, da sie vorhatten Berlin einen Besuch abzustatten und die Gelegenheit nutzte ich aus um ohne Kosten für Bahn und Bus an mein Ziel zu gelangen.
Berlin im Winter, das sind maulfaule Leute die von A nach B huschen und am liebsten ihre Ruhe haben wollen. Und genau in dieser Zeit kommt da einer daher der Fragen stellt und Bilder machen will. Ich kann nicht genau sagen wie oft ich abgeblitzt bin oder besser die Türe vor meiner Nase ins Schloss knallte bevor ich auch nur einen Satz sagen konnte. Der Berliner ist ja eh so ein „Unikum“. Erst mal seinen Unmut über eventuelle Störungen rausbrüllen und hinterher neugierig einlenken.
Ja so sind wir halt, eigentlich harmoniebedürftig aber erst mal mit Krallen, es könnte ja wer unangenehmes sein.
Bei meinem Freund in einer alten Kneipe angekommen packte ich meine sechs Kisten aus und schuf mir schnell eine Übersicht über mein spärliches Hab und Gut. So schaffte ich es, zwei Etagen über besagter Kneipe, doch eine heimelige Atmosphäre aufzubauen die mir mein Alleinsein wenigstens gemütlich machen sollte. Das ticken meiner Kaminuhr zeigte mir nun in jeder ruhigen Minute, du bist zu hause. Ich beschloss so schnell wie möglich los zu ziehen und präparierte meinen Digitalen SLR Kameras von Olympus um mit schwerem Gerät auf Kreuzberg zuzugehen und alles irgendwie auf diesen digitalen Fotoapparaten festzuhalten.
Am Abend nach getaner Arbeit würde ich dann alles auf das MacBook sichern und die Notizen reindaddeln. Obwohl ich ja lange Zeit in Kreuzberg gewohnt habe und dort aufgewachsen bin besorgte ich mir als Erstes, einen Stadtplan um in meinen Recherchen nicht versehentlich über die „Bezirksgrenze“ hinaus zu schießen. So machte ich mir im Kopfe den Plan Kreuzberg von Südwest nach Nordost zu durchwandern welchen ich jedoch schnell wieder verwarf!
Mein Weg durch Kreuzberg beginnt an einem kalten aber sonnigen Tag im Januar. Ich steige von meinem Domizil kommend an der S-Bahn Station Yorkstraße aus dem Zug. Diese morgendliche Anfahrt war aus Kostengründen nötig, da ich keinen direkten Freund in Kreuzberg hatte, bei dem ich hätte wohnen können. So fuhr ich morgens mal mit der S-Bahn oder auch mit Bus und U-Bahn von Lichtenrade, das liegt südlich von Kreuzberg und gehört zu Tempelhof, nach Kreuzberg hinein.
Ich hatte mir ein 10 Uhr Ticket gekauft, welches mich berechtigte die Berliner Verkehrsbetriebe wochentäglich ab 10 Uhr und an den Wochenenden rund um die Uhr zu nutzen. Der Sparfaktor waren immerhin 25 Euro und da ging schon mal wieder eine Woche Leben von Aldi.
An meinem ersten Tag ging ich also tatsächlich von Plan A aus an der Großgörschenbrücke ins Rennen und arbeitete mich Stück für Stück am Südwestzipfel von Kreuzberg durch die alten 4 bis 5 stockigen Altbauten. Früher war hier vieles ausgebombt denn der Flughafen Tempelhof lag in unmittelbarer Nähe und somit ging hier einiges an Bomben herunter was nicht hierher kommen sollte. Auch der Namensgeber nämlich der Kreuzberg lag nun zu meinen Füssen. Hier ein Tipp: den sollte man auf jeden Fall in einen Besuch mit einbinden, denn die Aussicht von ihm entschädigt für den Anstieg bis zum Turmplato. Ein Blick über ganz Berlin ist fast möglich. Im Frühjahr eher als im Sommer, da weniger Grün der Bäume die Aussicht versperrt.
Meine Spurensuche führte mich schnell zu meinem ersten Wohnsitz, der Katzbachstraße. Hier fing alles an eine wohlbehütete Kindheit, eine aufmüpfige Jugend und ein mittlerweile dreiundfünfzig Jahre altes aufregendes Leben.
Wir wohnten im dritten Stock auf dem Hinterhof. Die Sonnenstrahlen hatten hier im Gegensatz zu den unteren Wohnungen die Chance das Fenster zu durchbrechen. In den unteren Wohnungen war es dagegen oft dunkel und kühl, was an der Enge der Hinterhöfe lag. Ich habe auf meinen Weg durch Kreuzberg oft gesehen wie man nun versucht die Hinterhöfe größer und somit sonniger zu gestalten in dem man hergeht und Quergebäude herausschneidet, um so mehr Raum für Sonne und Leben zu schaffen. Dies gelingt mal mehr mal weniger, macht aber aus meiner Wahrnehmung Sinn.
Ich kann mich natürlich an dieses erste Domizil nur vom Hörensagen her erinnern. Es gab düstere Keller mit Ratten und Ungeziefer den Geruch nach Kohle und Holz vom Anfeuern im Winter und den Leierkastenmann im Sommer. Wenn er kam dann durfte ich immer 20 Pfennig in Zeitungspapier rollen und in den Hof werfen. Wenn er sein Lied zu Ende gespielt hatte sammelte er die so erworbenen Einnahmen auf, verneigte sich höflich und zog von dannen, bis zum nächsten Mal. Die Kohlenfritzen hatten es auch recht schwer, mit ihren schweren Kohlenkästen auf dem Rücken wackelten sie so manche im Krieg beschädigte Treppe herunter. Herrlich wenn der Ofen gefeuert wurde es ist eine Erinnerung die blieb. Wenn ich heute im frühen Herbst manchmal an einem Villenartigen Palast der Neuzeit vorbeikomme und dort viel zu früh bei 20 Grad, der Kamin gezündelt wird, dann denke ich oft an meine frühen Jahre in Kreuzberg.
Wie früher üblich wohnten wir auf engem Raum mit Oma, Vater, Mutter und mir. Meine Uroma hatte, so sagt man mit den Worten „ich bin nun alt genug und muss Platz machen für den, der jetzt kommt“, also mich, kurz vor meiner Ankunft im September 1956 das Zeitliche gesegnet. Nachdem sich meine Mutter vom Pflaumenkuchen befreit hatte drückte sie mich in die noch sommerlich durchflutete Welt. Ein kleiner Junge, gesund und munter.
Es ging oft auf den Kreuzberg erst im Kinderwagen und später zum Schlittenfahren im Winter. Die längsten Abfahrten hatten es in sich und hatten sogar abenteuerliche Namen wie Knochenbahn oder Eiskurve. Die Wohnung kann ich nicht mehr so beschreiben, einzig die kleine Küche und deren Möbel erahne ich noch.
Es war dann auch bereits eine neue Wohnung in Sicht natürlich ein Neubau, denn die alten Häuser waren oft total zerbombt. So zogen wir 1960 in die Johanniterstraße. Diese liegt an der Heilig Kreuz Kirche am Blücherplatz. 2 ½ Zimmer natürlich eines zum Wohnen eines für die Eltern und eines für mich… Denkste, natürlich für Oma und mich!
Aber dazu dann hinten im Buch noch mehr.
Ich war recht aufgeregt als ich mein „Geburtshaus“ betrat und mich über den Hof gehend, auf zur dritten Etage, des Hinterhauses machte. Ich stand vor der großen dunkelbraunen Tür und hätte wohl gerne mal einen Blick gewagt, aber es hätte mir nicht wirklich etwas sagen können. Plötzlich kam eine ältere Frau die Treppe hoch und bevor ich meine Frage noch stellen konnte winkte sie schon mit beiden Händen ab. Sie schloss schnell ihre Türe auf und verschwand wie sie gekommen war schnell und ohne mir auch einen Funken an Aufmerksamkeit zu widmen.
So verließ ich denn diesen meinen ersten Wohnort und ging am immer noch gruselig wirkenden Kellereingang zum Ausgang zurück.
Die Geschäfte und Höfe rings um die Katzbachstraße bringen nicht viel Ansehnliches zu Tage. So gibt es wie überall in Berlin ein paar Kneipen und Restaurants insgesamt der normale Wahnsinn der hier an dieser Ecke tobt.
Weiter ging es dann auf den Spuren der Gleisanlagen an den Yorkbrücken… jedoch wie ich schon bald merkte in falscher Richtung. Ich wollte von der früher gewohnten Durchgangsstraße neben einer Tankstelle an den Yorkbrücken hindurch laufen zum Gleisdreieck. Jedoch ist die alte Straße, oder sagen wir mal lieber, der alte ausgefahrene Trampelpfad nicht mehr da. So machte ich Bekanntschaft mit der Russenmafia die dort wohl alte und neuere Autos verschiebt. Schnell das Gefühl bekommend hier am falschen Ort zur falschen Zeit zu sein machte ich mich unter drohenden Blicken aus dem Staub. Ich ging also den kleinen Umweg von etwa einer halben Stunde und gelangte so sicher zum Gleisdreieck mit seinen teilweise noch erhaltenen S-Bahnbögen.
Es muss etwa Mitte der 70er Jahre gewesen sein, als diese für mich von großer Bedeutung waren. Hier legte ich den Grundstein zu meinem „Nebenverdienst“ um mein nicht immer billiges Leben finanzieren zu können. Direkt am U-Bahnhof Gleisdreieck führt eine schmale Straße an den verblieben Bögen vorbei, kurz hinter einer Überführung auf der rechten Seite war sie, die Autowerkstatt meines damaligen Freundes Bartschi. Hier wurde nach der Lehre die ich ja in der Friedrichstraße begonnen hatte, der Abend mit Autoschrauben beendet. Also der Arbeitsabend… Das so verdiente Geld floss dann nach einem schnellen Waschgang und nach dem Tausch der Schrauberklamotten direkt dem Berliner Nachtleben zu!
Ja es war schon ein Leben, die Kohle der Lehre reichte gerade mal für ein paar neue Platten und die tägliche Ration Zigaretten und so musste für das Amüsement zusätzlich geackert werden.
Da stand ich nun und machte Fotos vom ehemals so einträchtigen Ort der heute nur noch für die Abrissbirne gut war. Schon lange war der Geruch von Öl und Reifen verflogen und so zog ich weiter Richtung Möckernbrücke, vorbei am Museum für Verkehr und Technik führte mich mein Weg an einem seltsamen Haus vorbei. Ich bemerkte im Foyer des Hauses lauter an Seilen aufgehängte Figuren die wie selbstverständlich durch die Luft gingen. Es schien mir nicht klar was der Künstler mir sagen wollte aber lustig und ein paar Fotos war es allemal wert.
Vorbei an der U-Bahn Station Möckernbrücke neben meiner alten Oberschule führte mich mein Weg entlang. Hier gab es früher oft für den Groschen, ein Brötchen ohne Currywurst, aber dafür mit jeder Menge Senf. Grausig wenn ich heut so drüber nachdenke, aber damals völlig normal das war Standard bei uns Oberschülern. Manchmal war soviel Senf darauf, dass er beim Hineinbeißen in alle Richtungen herausspritzte.
Der Oberschule den Rücken zugekehrt ging ich am Landwehrkanal in Richtung Hallesches Ufer vorbei an der Ecke Großbeerenstraße hier zierten früher zwei Eckkneipen die Ecken. Wie üblich eine rechts die andere links, beide mit Flipper und anderem Gerät ausgerüstet und mit frischem Pils zur Boulette eine oft besuchte Stätte für hungrige Jugendliche. Nach der Schule erst mal ins „Alt Berlin“ so hieß die eine und dann ne Fassbrause und ne Boulette. Dann eine Mark in den Flipper oder die Jukebox um den Mädchen zu imponieren und ab ging die Party.
Es waren schon schöne Zeiten die wir so verbrachten, unbeschwert und lustig wurde so der Nachmittag verkürzt, bis es nach Hause ging, wo die Eltern dann zum allabendlichen Essen riefen.
Die nächsten Tage war ich damit beschäftigt die Ecke von Kreuzberg näher zu erkunden. Es war verdammt kalt und der Wind pfiff mir durch die Knochen. Gegen Abend hatte sich die Kamera fast mit meiner Hand verbunden. Dadurch, dass ich sie immer schussbereit hielt musste auch sie der ständigen Kälte und dem nassen Wetter trotzen.
Wobei anzumerken sei, dass ich wohl die größeren Probleme hatte. Oft konnte ich gegen Abend kaum noch meinen Rücken gerade halten, der sich durch das ungewohnte tägliche Umherlaufen langsam mit Schmerzen bemerkbar machte. In solch einem Fall ruhte ich mich dann gerne einmal auf einem Mauervorsprung oder ähnlichem aus und telefonierte ein wenig mit meinem Freund Jo in Freiburg.
Manchmal dachte ich so bei mir: „was machst du hier eigentlich“ aber dann ging es weiter in den Straßen auf den Höfen um nach interessanten Dingen Ausschau zu halten. Einmal an einem recht sonnigen Tag im Februar sah ich mich am Kreuzberg etwas näher um. Ich stand mit dem Rücken zur Begrenzung eines Schulzaunes der durch mageres Buschwerk abgegrenzt war. Plötzlich hörte ich hinter mir ein deutliches Rascheln im Gebüsch. Als ich mich umdrehte kam mir ein Mann im mittleren Alter auf allen Vieren krabbelnd entgegen. Er muss wohl meinen Schreck gespürt haben und erklärte mir sein Tun. Pfandflaschen sammeln und 25 Cent kassieren, das war es was ihn in die Büsche trieb. Dieses Phänomen sollte mir in diesem Jahr noch oft begegnen. Es gibt feste Gebiete, die es zu verteidigen gilt. Ja da kann ja nicht einfach ein Eindringling die Büsche und Müllplätze eines Konkurrenten berauben. Da wird man dann schon mal laut und droht mit erhobener Faust und bösem Blick. Hartz 4 ist wohl auf die Straße gekommen. Schon lange ist der Trend der Armut in Kreuzberg zu sehen gewesen aber mittlerweile ist er sichtbar in der gesamten Stadt. Nur ein paar Politiker haben wohl noch nicht so recht kapiert wie der Hase läuft.
Kreuzberg im Winter, es ist wahrlich nicht der beste Einfall, es sei denn man will rodeln oder Skifahren, aber auch da rate ich besser zum Alpenhauptkamm reisen, denn Kreuzberg im Winter ist schmutzig und öde. Ich habe mal ein paar Versuche unternommen mit Leuten auf der Straße ins Gespräch zu kommen, aber die Versuche endeten meist kläglich mit den Worten: „mach hinne mir is kalt“.
Einmal fuhr ich mit besagter S-Bahn übrigens S 2 eine Station weiter und stieg am Anhalter Bahnhof aus. Von hier aus kann man die westliche Begrenzung von Kreuzberg sehen. Es ist das neue Megazentrum in Mitte, wo sich Herr Daimler und Frau Sony die Hand geben, kurz der Potsdamer Platz. Berlins mini Manhattan. Von dort aus kann man den ehemaligen Verlauf der Berliner Mauer durch das Herz der Stadt gut verfolgen und nachvollziehen. Immer der Zimmerstraße folgend landet man schon bald am Checkpoint Charly einem der wohl bekanntesten Orte Berlins. Hier gab es damals den Panzeraufmarsch mit Säbelrasseln der Amis gegen die Russen nach dem Mauerbau. Leider hat sich die Mauer hier zu sehr verflüchtigt. Es wäre einfach für den werten Touri schön und nachvollziehbarer gewesen als nun wo nichts mehr da ist außer ein paar alte Bilder des Mauermuseums. Touristen belagern so die Szene und zeigen mit Fingern da hin wo sie meinen es könnte sich noch um ein Stück Geschichte handeln. Ein buntes Treiben beherrscht diese 50 m2 als ob es etwas umsonst gibt strömt man in Scharen, herangekarrt mit zig Bussen. Aussteigen, Foto machen, Mütze kaufen, einsteigen, abfahren und das fast 24 Stunden lang. Zum piepen wenn man überlegt dass hier früher für den normalen Berliner der Weg zu Ende war und der Platz oft trostlos verweist war. Einzig das Mauermuseum und ein Hochstand waren hier zu sehen und um die Ecke gab es noch Kreuze für Mauerflüchtlinge. Nach dem gewusel am Checkpoint kommt man schnell zum Springer Haus das mit seiner Höhe und der Aufschrift Morgenpost ein Zeichen setzt. Hier war sie nun Berlins freie Presse spiegelte mit Größe direkt am Mauerstreifen für jeden Ossi sichtbar das freie Berlin. Als nächstes passiert man die Bundesdruckerei, sie wirkt teils wie ein Hochsicherheitstrakt einer Justizvollzugsanstalt.
Nun wenn man überlegt was da alles produziert wird und lagert kann man den Sicherheitswahn wohl etwas nachvollziehen. Ich musste damals öfter dort hinein um deren Kopiergeräte in Stand zu setzen. Das war nämlich mein Job bis ich mich 1994 für andere Wege entschied, aber dazu später mehr. Vorbei an der Münze stehen rechts noch die alten Häuser der Stallschreiberstraße. Links klafft ein Riesenloch mit genug Platz für ein kleines Dorf. Ich setzte meinen Gang vorbei an Mauerresten, um genau zu sein Grundmauerresten der Mauer fort Richtung Moritzplatz. Wie ich später erfuhr sind das alles noch ungeklärte Grundstücksverhältnisse, die diesen toten Streifen im ehemaligen Todesstreifen auch 20 Jahre nach dem Mauerfall noch von der Bauwirtschaft fernhalten.
Am Moritzplatz fängt dann auch langsam das Türkische Kreuzberg an. Früher hatte Kreuzberg zwei Bezirksnummern, 61 und 36. 36 erhielt dann schon recht früh den Namen klein Istanbul, wegen der Gastarbeiter die hier in die Sackgasse Kreuzbergs vom Osten umzingelt reingeschoben wurden. Der Name ist berechtigt denn hier hat sich eine interessante Türkische Szene entwickelt. Türkische Läden, Schilder und Gerüche bestimmen das Bild. Längst selbstbewusst und nicht mehr eingepfercht, wie in den 60er Jahren. Ich erinnere mich noch an eine Aktion etwa in 1968, damals habe ich mit einem Klassenkameraden Lohnsteuerkarten verteilt und musste in SO 36 diese Dinger verteilen. Es war ein Greul, denn die Namen hatten es in sich und oft war auch von außen gar keiner am Briefkasten. Da kommt mir gerade der Gedanke hoch warum es heute immer noch diese blöden Dinger gibt, obwohl wir doch alle so verdrahtet sind?
Hier ist es jedenfalls ein Gewirr von Stimmen und Gerüchen das verzaubert. Manchmal möchte man in jeden Laden um an den Köstlichkeiten zu naschen. Ich habe die Türken immer akzeptiert und das über den Döner hinaus und so bin ich heute auch der festen Überzeugung: Kreuzberg ohne seine vielen netten Türkischen Landsleute wäre nicht das Kreuzberg geworden was es heute ist. Ein multikultureller Platz, in dem sich Alt und Jung, Ausländer und Kreuzberger die Hand geben und verstehen. In der Oranienstraße dem Ku-Damm von 36 tobt der Bär. Wo du hinschaust Straßencafes, Restaurants, Kneipen und Bars. Tolle Läden, von der Konzertkartenagentur bis zum Inder der dort seine Sachen anbietet. Im Sommer ist hier oft obwohl direkt an der lauten Straße gelegen kaum ein Plätzchen im Freien vor dem Restaurant zu erhaschen.
An der Bergmannstraße befindet sich an der Ostseite gelegen die Marheineke Markthalle. Diese Einkaufshalle kenne ich schon so lange ich denken kann. Schon als Kind ging es hier mal mit Oma, mal mit Mutter zum einkaufen. Die Halle hatte, einen modrigen Flair. Es roch schon manchmal extrem vor allem am Seiteneingang wo man die Abfälle sammelte. Innen gab es dann viel zu sehen jede Menge Tante Emma. Die kleinen Ladenöffnungen reihten sich dicht gedrängt aneinander. Der Fischstand neben dem Obst dann die Haushaltswaren, der Uhrmacher und in der Mitte der Fleisch und Wurststand. Ja der Wurststand der Familie Haase den gibt es natürlich auch heute noch. Fast jedes Mal wenn es in die Halle ging gab es eine Wiener für mich. Während Mutter die Wurst und den Aufschnitt kaufte bekam ich eine Wiener aus dem Wasserkessel. Umwickelt mit einem Papier, damit die Finger nicht verbrennen saß ich in einer Ecke des Wurststandes und schaute an meiner Wurst knabbernd dem Treiben in der Halle zu. Mit Oma holten wir oft Grillhähnchen vom Imbiss der zur Friesenstraße hin angeordnet war. Am liebsten waren mir als Kind immer die Haut des Federviehs und die dazu gekauften Pommes Frites, eine Neuheit die wohl aus Frankreich hier her gebracht wurde. Die Hühnerbrust konnten die Anderen essen, die war ja viel zu trocken nach all der Grillerei. Spielzeug gab es nur in einer Reihe an der Nordseite hier war damals schon in Kindgerechter Höhe alles aufgestellt.
Heute ist die Halle zwar recht bunt, aber irgendwie fehlt dieser modrige Geruch der 60er Jahre. Aber das Angebot macht das wieder weg, so gibt es tolle Stände mit internationalen Produkten und jede Menge zu „Fressen“. Eine Tante von mir brachte es auf den Punkt, lange bevor ich mir ein Bild machen konnte donnerte sie bereits: „alles Mist“. Aber da hat sie wohl wie immer ihre eigene Sichtweise, ich finde sie nicht optimal aber an die heutigen Bedürfnisse angepasst.
Direkt neben dem Platz vor der Halle tollt Bello mit seinem Herrchen herum und von hier sind es nur wenige Schritte an netten Restaurants vorbei zum Friedhof, einer der großen Berlins, in dem sich ein kleiner Spaziergang durchaus lohnt. Man stößt hier oft auf Berühmtheit aber auch auf außergewöhnliche Grabkunst. Der lange Mittelgang zieht sich hoch bis zur Jüterboger Straße am Krafverkehrsamt. Fast ein wenig angestrengt erreicht man den oberen Friedhof um festzustellen der Weg heraus ist nur über den unteren Teil möglich. Oben am KVA haben sich zig Buden und Läden auf das Zulassen von Kraftfahrzeugen eingestellt. Hier tobt der Bär nur die Nummer die man vorher ziehen muss zählt. Hauen und stechen, normal. Ja so geht das in Berlin, willst Auto fahren musste erst ne Nummer ziehen und jede Menge Zeit mit Warten verbraten.
Von der Zulassungsstelle folge ich der Straße in Richtung Mehringdamm und sehe mir rechts und links jede Menge tolle Hinterhöfe an. Alleine hier findet man Dinge die man im Vorbeirasen nie zu Augen bekommt. Ich rate also immer und zu jeder Zeit frei nach Ströbele dem alten Grünen: „steig aufs Rad oder geh zu Fuß“. Christian Ströbele, der ja auch in diesem Jahr wieder mit ca. 48% gewählt wurde und nun schon zum dritten Mal sein Direktmandat verteidigt, ist die graue Eminenz der Grünen. Einer wie ich zugeben muss nie die Bodenhaftung verloren hat und Politik vor- lebt!
Den Mehringdamm erreichend habe ich oft die U-Bahn an der Station Platz der Luftbrücke bestiegen um nach getaner Arbeit die Füße nach Hause zu bekommen. Der Platz der Luftbrücke ist denn auch gleich die nördliche Grenze zum Bezirk Tempelhof und er liegt genau vor dem ehemaligen Flughafen Tempelhof. Hier haben damals die Amerikaner die Luftbrücke eingesetzt um West- Berlin am Leben zu halten. Und nun hat ein Bürgermeister der sich selbst am Liebsten ist, diese Tradition Berlins einfach und kurzer Hand geschlossen. Auch der Bürgerentscheid brachte keine Änderung, aber das war vorher klar. Brüllen das kann der Berliner, aber Sonntag raus abstimmen, das fällt schon schwerer.
Mein Weg mit der U-Bahn führte mich Richtung Alt Mariendorf und von da aus mit dem M76 raus nach Lichtenrade. An der Raabestraße aussteigen und dann noch 10 Minuten zu Fuß, dort war mein kleines Zimmer in dem ich mich von der Lauferei erholen konnte.
Es lag 2 Stockwerke über einer Kneipe die sich im Erdgeschoss befand. Fliegerkneipe Bohm, über 118 Jahre alt und noch im Familienbesitz. Michael Bohm, der Urenkel des Gründers betreibt den Laden heute.
Der tägliche Gang nach Kreuzberg war nicht immer nur ein Vergnügen. Die schwere Ausrüstung mit zwei Kameras, diversen Objektiven und Stativ, forderten mich und mein Kreuz. Aber ich meckerte nicht denn ich war es ja der sich dieses Abenteuer in den Kopf gesetzt hatte.
Oft habe ich in meinem Gourmet Restaurant im Bezirksamt Kreuzberg gesessen. Dort oben im 8. Stock gab es gutes Essen für Jedermann von Arm bis Reich traf sich hier alles um die Mittagszeit und auch ich stellte mich in die Reihe an der Essenausgabe und wählte aus 5 Gerichten meinen Favoriten. Die Preise waren human, so gab es die Suppe schon für 2 Euro und das Geschnetzelte, mit Spätzle und Salat setzte mit 4 Euro 20 die obere Preismarke.
Oft habe ich hier gesessen und mittags einen kleinen Stopp eingelegt. Außerdem war es immer auch eine willkommene Abwechselung zur sonst zur Tagesordnung gehörenden Curry Wurst. Nach dem Essen ging es dann frisch gestärkt weiter des Weges und so durchkreuzte ich hin und her Straße für Straße und lernte viele Leute kennen. Eines Tages kam ich an einen Hof auf dem Mehringdamm und stand plötzlich völlig überrascht vor einem riesengroßen Wandgemälde auf dem der Sarotti Mohr zu sehen war…
Wie oft habe ich mir als Kind ein Stück Sarotti schmecken lassen und nun stand ich an der Stelle die wohl die Geburtsstätte des Mohren gewesen ist. Tausend mal bin ich hier seit meiner Kindheit vorbei gerannt, aber natürlich nie auf die Idee gekommen mal auf den Hinterhof zu schauen. So fand ich vieles auf meinem Weg, einzig mit ein wenig Neugier und Ausdauer erlebte ich, ein neues Kreuzberg. Das alte Kreuzberg war also gar nicht weg es lag oft nur im Verborgenen. So rate ich jedem der auf den Spuren Kreuzbergs geht einfach mal die Türen aufzustoßen und die Schätze zu entdecken.
Kreuzberg ist eigentlich in drei bis vier Teile einzuteilen, den Rest schenkt man Beachtung kann aber schneller durchfahren.
Der erste Teil und wie ich finde am besten Sortiert ist der Kiez an und um die Bergmannstraße. Hier findet der Besucher alles was das Leben so schön macht. Restaurants in Hülle und Fülle sowie nette Läden mit kleinen Schätzen in den Auslagen.
Der zweite Kiez ist zwischen Gräfestraße und Admiralsbrücke, diese ist auch bekannt aus Funk und Fernsehen wegen der ständigen Konflikte wegen der allabendlichen Lautstärke der dortigen Partygesellschaft. Auch hier lohnt es sich die kulinarischen Restaurants zu besuchen.
Der dritte Kiez zieht sich vom Moritzplatz bis zum Görlitzer Bahnhof entlang der Oranienstraße. Hier ist vom Inder bis zum Türken ein reichhaltiges Angebot und der echte Multi Kulti zu finden.
Der vierte Kiez im Bunde ist dann rund um das Schlesische Tor. Hier findet man sehr schöne Dönerstände, aber auch kleine Restaurants zum schnellen einkehren für kleines Geld!
Apropos Geld, die Berliner Curry Wurst gab es während meiner Zeit also 2009 schon für 90 Cent und den Döner ab 2 Euro. Das halbe Hähnchen was am Hähnchengrill am Görlitzer Park am besten schmeckt bekommt man schon für 2,40 Euro. Hier muss man jedoch viel Geduld haben, ich habe zu keinem Zeitpunkt weniger als 10 Leute anstehen sehen. Noch schlimmer ist es an der Kultbude Curry 36, dort kann man es mittags schon mal als 30 oder 40igster der Reihe erwischen. Ein Tipp, ich versuche immer die etwas ruhigeren Zeiten zu nutzen also vor 12 Uhr oder zwischen 15 und 16 Uhr da schmeckt die Wurst am Besten… Ich glaube es liegt daran, dass sie etwas mehr Zeit hat den Garpunkt zu erreichen.
Überhaupt wird das Essen in Berlin Kreuzberg zum Spaß jeder wirbt mit mehr und oft ist dies auch tatsächlich der Fall. So gibt es einen kleinen Gyroswagen auf der Bergmannstraße der auf dem Schild Big Gyros zu stehen hat. Der Gyrosteller für 6,50 Euro ist fast nicht zu schaffen, selbst mit der Gyrosschale für 4,50 kämpft man eine Weile herum.
Mittlerweile war der Frühling im Gange und da zeigt sich Kreuzberg von seiner schönsten Seite. An Ostern waren bereits alle Außenplätze der Lokale besetzt. Jeder war happy, man zeigte schon viel Haut und schlürfte kultige Getränke dazu.
Früher, also in den 60´er Jahren, waren die Jahreszeiten fest begrenzt. Das Frühjahr hatte seinen eigenen Geruch und verwöhnte schon mit viel Sonne. Auch in diesem Jahr war es fast wie früher nur der Geruch den man einst in der Nase hatte fehlte.
Die Menschen denen ich nun begegnete waren besser gelaunt und das war wohl das beste Zeichen für den Zeitenwechsel. Ich schlich durch die Straßen immer auf der Suche nach dem richtigen Motiv und oft fand ich auch genügend. Jedoch hatte ich nicht jeden Tag die gleiche Motivation die Straßen zu durchqueren. Es ging langsam an die Substanz und ich spürte zunehmend jeden einzelnen Wirbel an meiner Säule. Nachts konnte ich zwar im trocknen liegen, aber die Eckcouch machte nicht gerade einen bequemen Eindruck auf meine Wirbelsäule. Oft stand ich nachts auf und lief eine Weile im Zimmer umher um damit mein Kreuz zu entlasten.
Meine Laufzeiten waren morgens ja vorgegeben durch mein 10 Uhr Ticket, abends wurden sie von der Angst um meine Ausrüstung begrenzt. Trotz des Rückenproblems wurden meine Spaziergänge immer heftiger. Mittlerweilen machte es mir nichts aus 30 KM am Tag zurückzulegen. Natürlich gab es auch Kreuzbergpausen und ich ging mal andere Wege, kehrte aber immer gleich wieder nach Kreuzberg zurück. Der Bezirk ist spannend und es lohnt ihn jeden Tag aufs Neue zu entdecken.
Mein Leben in Kreuzberg geht ziemlich an die Substanz, denn ich habe keinerlei Hilfe bei meinem Unterfangen. Natürlich habe ich einige Unterstützer in Lichtenrade, also dort wo ich nachts wohne. Aber es passiert schon mal, dass der Blick ins Portmonee etwas brutal ausfällt. Wenn meine persönliche Schallmauer von 15 Euro nicht mehr vorhanden waren, lief mir auch oft der Gedanke durch den Schädel wo wohl die nächsten 15 herkommen sollten.
Aber gut es war alles wie ich mir es vorgenommen hatte und in sofern konnte ich weder klagen noch murren. Irgendwie hat mich wohl jemand in solchen Fällen erhört, denn immer wenn nichts mehr zu gehen schien, eröffnete sich wieder ein kleines Fenster und schwupps waren wieder 50 Euro im Portmonee.
Meine „Liebe“ in Freiburg war oft in der Versuchung mir zu helfen, aber ich lehnte stets ab. Nun es war nicht immer einfach und doch zogen viele meiner Freunde den Hut vor mir denn ich nahm mir das Teuerste auf der Welt um mein Ding zu machen, nämlich die Zeit!
Die, die täglich ihrem Business nachgingen, die schauten schon oft neidisch hinterher, wenn ich um zehn Uhr morgens meiner Suche nach dem netten Erlebnis hinterher ging. Ja ich war wohl in dem Sinne prädestiniert und hatte den Mut zu tun was ich wollte. Gegen allen Argwohn und umgeben von vielen Zweiflern zog ich meine Kreise durch Kreuzberg.
Ich bin auch jemand den Neider oder Besserwisser nicht beeindrucken. Ich gehe meinen Weg gradlinig und konsequent denn ich will ans Ziel. Nicht des eventuellen Versagens willen sondern um mir morgens noch ins Gesicht sehen zu können.
Die heutige Gesellschaft tickt oft anders, angepasst oder besser wissend versuchen sie oft dich zu manipulieren aber da hat es bei mir eine Sperre, ich decke beides sehr schnell auf und verurteile es sehr. Wenn ich etwas n den Menschen nicht mag, dann ist es das Kaffeesatzlesen in Dingen von denen sie keinerlei Ahnung haben.
Oje was wird da gerungen um Standpunkte und Wirklichkeiten, dabei wäre all die Diskussion gar nicht nötig wenn man nicht beharrlich auf seine Fehlinterpretation der Sachlage bestehen würde.
Aber so ist es nicht nur in Kreuzberg sondern eigentlich überall auf dieser Welt.
In der Bergmannstraße fiel mir auf, dass die ehemalige Besetzerszene nun doch sehr Ruhebetont agiert. So hört man schon mal aus dem 68er Mund: „Ruhe stellt doch mal die Kinder ab…“
Aber das alles ist Kreuzberg ein Bezirk im ständigen Wandel der nicht in ein normales Schema passt sondern immer den eigenen Weg geht. Je mehr ich meinen Weg gehe je mehr kommt mir der Wunsch einer der Kreuzberger zu sein. Aber genauso schnell vertreibe ich diesen Gedanken, denn ich habe mir fest vorgenommen nie wieder nach Berlin zu ziehen. Es hat viele Gründe, ich kann nicht alle sagen aber ich muss Berlin abhaken. Wer das alles erlebt hat, was ich einst in Berlin erlebt habe der würde mich verstehen. Ich habe mir nach einem exzessiven Leben in Berlin, den Abschied nicht leicht gemacht.
Nun wünsche ich mir Mitte Fünfzig einfach noch ein wenig Ruhe und ein Ausklingen, meines erfüllten Lebens. Als das Leben verteilt wurde habe ich wohl zweimal hier geschrien und ich wurde erhört.
Oh je die Armut in Berlin…
Sie begleitet mich ständig. Am Tag bekommst du zig mal eine Zeitung vor den Kopf gehalten. Das Obdachlosenblatt verfolgt einen von früh bis spät. Einmal habe ich völlig genervt, überzogen abgewinkt und den Spruch nachgeschoben, er wäre der zwanzigste Verkäufer heute und ich hätte die Schnauze voll. Irgendwie habe ich dann aber die Kurve bekommen und ihn verfolgt um ein sorry los zu werden. Danach haben wir uns fast eine Stunde unterhalten. Er erzählte mir von seiner Heroinsucht und dem Metadonprogramm und wie er versucht sein Leben in den Griff zu bekommen. Eigentlich war er einer wie ich, jede Menge Ideen in der Birne und sprudelnd vor Tatendrang nur leider irgendwann den falschen Abzweig genommen. Selbst junge Mädchen habe ich an den Ufern der Spree gefunden. Eingewickelt in ihren Klamotten umringt von leeren Bierflaschen lagen sie dort herum. Die Flaschenmafia treibt überall ihr Unwesen und wird auch schon mal handgreiflich wenn wer in fremden Revieren sammelt. Und dann sind da natürlich noch die Rumänen die keinen Versuch auslassen dich um dein Kleingeld zu bringen.
Mir fällt dazu das Lied von Peter Fox ein, dort heißt es: „Guten Morgen Berlin, du kannst so hässlich sein so dreckig und grau“.
Ich glaube der weiß wovon er singt, auch das ist Kreuzberg. In den Textzeilen spiegelt sich durchaus ein Stück Kreuzberg wieder. Die Kotze am Kotti die Gespräche der jungen Türken die Heroinabhängigen und all die kaputten Typen die hier am Kotti, also dem Kottbusser Tor so rumhängen. Es braucht schon etwas Mut und Selbstvertrauen hier in die U-Bahn herunter zu gehen und den Zug zu nehmen. Überall finstere Gestalten die dich von oben bis unten mustern. Beunruhigende Blicke vielen oft auf meine Fototasche, der jedermann von außen bereits ansah, dass es sich hierbei wohl nicht um eine normale Kamera handelt. Aber nun wo das Jahr vorbei ist kann ich es auflösen, ich habe alles unbeschadet überstanden. Es gibt in Kreuzberg drei Plätze die man mit etwas Vorsicht begehen sollte. Zum einen bereits genannt das Kottbusser Tor mit seinen vielen Junkies und Dealern. Dann aus gleichem Grund, den Herrmannplatz und zum Dritten, den Mehringplatz. Wobei letzterer eher durch durchgeknallte Jugendlich besticht und gerade dies oft die größte Gefahr für Leib und Seele darstellt. Nachts ist dann schon eher die ganze Stadt mit Vorsicht zu genießen, denn auch ich kam in manche Pöbelei und das nicht nur in Kreuzberg. Wobei ich mich durch Nichtachtung immer gut aus der Atmosphäre gezogen habe.
Insgesamt bin ich jedoch zu dem Schluss gekommen, dass dir bei Bedrohung eher einer in Kreuzberg zur Seite steht als in Zehlendorf oder anderswo. Das liegt halt auch an der doch sehr großen jungen Szene die sich dort auf den Straßen befindet. Bei meiner Arbeit traf ich oft nachts mehrer Fotografen an den populären Plätzen der Stadt, so dass auch hier nicht unbedingt mit Stress zu rechnen war. Aber natürlich musste man ja erst einmal dahin gelangen und da lag oft die größere Gefahr.
Früher war das ja kein Thema, als ich in den 60ern in Kreuzberg aufwuchs hatten wir anfangs nicht einmal einen Fernseher der kam so um 1965. Es war eine schöne Zeit, wir Kinder in den Häusern um die Johanniterstraße nutzten jede freie Minute um herumzutollen oder Fußball zu spielen. An der Heilig Kreuz Kirche bauten wir Baumhäuser und kletterten in gefährliche Höhen. Auch das Fußballspielen fand dort statt, wobei uns der eine, oder andere 24er Bus, schon mal den Ball zerfetzte. Da war jedes Mal das Gejammer groß. Die riesigen Zwillingsreifen waren geradezu prädestiniert den Lederball genau zu treffen. Auch am Kanal trieben wir unser Unwesen, wie oft haben wir alles Mögliche dort hineinplumpsen lassen, je größer je besser. Ich kann mich noch an einen riesigen Spiegel erinnern den ich unbedingt von der Brücke werfen musste. Resultat war ein Riss in der rechten Hand und eine schmerzhafte Nähtortur im Urban Krankenhaus.
Als Kind gab es in Kreuzberg viel zu erleben ich kann mich erinnern dort meine Erste Zusammenkunft mit Reinhard Mey, Schobert und Black und Ullrich Roski gehabt zu haben. Sie spielten damals vor der Amerika Gedenkbibliothek ihre Lieder. Wenn Mutter damals zu Bolle ging durfte ich immer zum Trödler der neben Bolle seinen kleinen Laden hatte. Ein komischer bärtiger Kauz der mich immer auf seinem Schoß sitzen ließ und mir einen Bonbon in den Mund schob. Kein geringerer als Kurt Mühlenhaupt der Künstler war es der mich so nett aufnahm und wohl erst viel später zu Ruhm und Ehre kam. Aber ich glaube am Reichtum lag ihm eh nicht viel, er war schon früher reich, nämlich an Güte und Liebe.
Schon sehr früh machte ich auch Bekanntschaft mit der Currywurst. Direkt vor Kurts Laden war ein Stehwagen der leckere Würste und Bouletten verkaufte. Oft hab ich bei Oma um Geld angefragt um mir dort etwas reinzuschieben und genauso oft hat sich Mutter gewundert warum ich keine Lust aufs Mittag hatte. An der Leidenschaft für die Curry hat sich bis heute nichts verändert, jedoch wenn es früher oft die Curry-Bouletten waren sind es heut eher die Würste und die nach wie vor mit Chilipulver und Curry, so das einem die Luft weg bleibt.
Nun könnte ich fast schon wieder aus dem Haus aber der Weg von der Alm in Tirol, wo ich dieses Buch schreibe ist dann doch etwas weit.
In der Johanniterstraße hatte ich viele Freunde und zwei davon habe ich gerade wieder getroffen. Es war schön sich nach den vielen Jahren wiederzusehen. Die meisten jedoch sind verstreut und nicht mehr auffindbar. Aber gut der Gesprächsstoff von einst wäre längst schon vergraut.
Aus der Firma in der ich meine Lehre gemacht habe dort haben sich tatsächlich sechs Leute also mit mir getroffen, um mal über alte Zeiten zu reden. Aber am späten Abend ging das Gespräch dann doch mehr ins Private neue Leben über.
Kreuzberg hat mich groß gezogen und dem gemacht was ich heute bin. All meine Wurzeln stammen daher. Die Schulzeiten, die Kinderzeit, die Zeit des erwachsen Werdens und die ersten kleinen Liebschaften, bis hin zu der Liebe die bis heute andauert und mir einen süßen Ableger geschenkt hat. Wir Zwei kennen uns schon fast 40 Jahre und haben uns schon früh für einen gemeinsamen Weg entschieden. Natürlich Kreuzbergerin und aus meiner Klasse…
Kreuzberg ist übrigens größer als so mancher denkt. Allein U- beziehungsweise S-Bahnstationen hat es 18 an der Zahl und Busse kreuzen fast jede Hauptstraße.
Wenn man am Platz der Luftbrücke aussteigt und den Mehringdamm herunter geht ist man schon bald am Bergmann Kiez. Dieser Kiez ist wirklich am Besten sortiert, denn hier findet man tolle Läden und viele gute Kneipen und Restaurants. Ich weiß nicht wie oft ich die Bergmann rauf und runter bin aber es gab immer wieder etwas Neues. Auch der Blick in die Querstraßen rechts und links lohnt und der Besuch des einen oder anderen Hinterhofes erst recht!
Meine Verwandten durchaus zweigeteilt über mein Tun, was ich natürlich jederzeit akzeptieren würde aber was da manchmal über das Ohr an mich herangetragen wurde?! Da kam mir eines Tages die Galle hoch und da ich den Ossis mal ins Gewissen reden wollte, setzte ich mich hin und schrieb ein kleines Märchen. Angemerkt sei es gilt nicht für den Großteil der heute leider noch so genannten Ossis aber die aus meiner Verwandtschaft wissen genau wer hier den Spiegel vor die Nase bekommt…
Also hier meine „überspitzte Satire“
Ein deutsch-deutsches Märchen… von Jürgen Krupatz
…es war einmal, ein böses, böses Volk, das konnte es nicht lassen gegen Jedermann einen Krieg anzuzetteln. 1939 zog es los und folgte einem schnauzbärtigem namens Adolf um zum zweiten Male in dem vorigen Jahrhundert in den totalen Krieg zu ziehen.
Es kam wie es kommen musste auch diesmal gelang es nicht den Größenwahn umzusetzen.
1945 wurde nun von den Großen dieser Welt überlegt was man mit einem Volk macht, das soviel Unheil über die Menschheit gebracht hat. Immer grausiger waren die Funde und so beschlossen die vier Besatzer das Land und somit das Volk in Zonen aufzuteilen. Dabei gab es jedoch streit zwischen ihnen und so teilten die Besatzer das Land in drei westliche und eine östliche Zone auf. Da sich die drei westlichen Besatzer recht einig waren, sprach man nunmehr vom Westen und Osten…
1949 kam es dazu, dass sich zwei neue Staaten daraus gründeten. Der eine wurde fortan BRD und der andere DDR genannt. 1949 wurden zwei Verfassungen in Kraft gesetzt. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland wurde am 23. Mai 1949 verkündet und zum 24. Mai 1949 in Kraft gesetzt.
Die erste Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik trat am 7. Oktober 1949 in Kraft.
Nun stopfte man all die Bösen Nazis und Judenmörder in die BRD und suchte mit speziell ausgebildeten Staatsgetreuen namens Stasi all diejenigen in der DDR heraus, die nicht den Weg des sozialistischen Staates der Arbeiter und Bauern“ charakterisierten.
Es war wiederum ein bärtiges Männlein, das 1961 bemerkte, dass auch andere seiner Untertanen die Gelegenheit nutzten und augenscheinlich freiwillig der DDR entschwanden.
Nun es war natürlich nur ein geschickter Schachzug der BRD Führung, denn sie forderte nun ihr Volk auf, an den festgelegten offenen Grenzen das DDR Volk mit sinnlichen Gaumenfreuden und erfundenen Reichtümern zu verhexen und so in den Westen zu locken. Hier angekommen wurden sie dann zu Arbeit bei Wasser und Brot neben Italienern und Türken angestellt und mussten sich in verbombten Wohnhäusern mit spärlicher Ausstattung zu recht finden.
Mit Argwohn betrachtete das bärtige Männlein, diesen Volkesklau und beschloss eine Art Zaun oder gar einen Schutzwall um sein Volk zu bauen. Er wägte seine Beobachter in Sicherheit in dem er sich öffentlich erklärte: Niemand hat vor eine Mauer zu bauen“, aber in Wirklichkeit hatte er alles schon veranlasst.
Etwas geschockt stand man in der BRD nun an Zäunen und Mauern und versuchte mit lautem Geschrei die Vorzüge der BRD an den Mann zu bringen… jedoch ohne Erfolg denn meisten war es nun nicht mehr möglich die bis dahin einträgliche Propaganda zum erwünschten Erfolg zu bringen.
Ein Kluger Kopf setzte nun auf die Verbreitung der Medien welche ja in staatlichem Einfluss waren und so begann man in der BRD riesige Sendeanlagen zu bauen um die Bürger der DDR mit vorgefertigten „Werbefilmchen“ zu locken.
Damit hatte man in der DDR nicht gerechnet und man musste mit ansehen wie trotz Mauer und Stacheldraht immer noch Tag für Tag DDR Bürger auf das verlockende Angebot der BRD reinfielen und auf nun erschwertem Weg in den Westen flohen.
Angesichts dieser Schmach, holte man sich nun einen ex BRD´ler der dieses Regime von der Saaraufzucht her gut kannte und beschloss somit, dass Erich H. ohne Bart am 3. Mai 1971 als Nachfolger des Bärtigen die Volksverräter stoppen sollte.
Nun als erfahrener Klassenkämpfer wurde mit Erlass der Bolschewistische Schutzwall der DDR mit Waffengewalt und bald auch mit automatischer Waffengewalt verteidigt. Natürlich wollte man nur sein eigenes Volk beschützen und es davor bewahren in der BRD unter menschenunwürdigen Verhältnissen zu leben bzw. aufzuwachsen.
Genauso natürlich marschierten die politischen Kader der BRD dagegen Sturm aber zunehmend musste man mit ansehen wie immer mehr gelockte zu Tode kamen.
Die DDR triumphierte, gelang es doch immer mehr Menschen vor der großen Dummheit zu bewahren. Bereits 1961 bei Baubeginn des Schutzwalls bekam ja wiederum ein bärtiges Männlein seinen großen Auftritt. Der versuchte ähnlich wie sein 1945 verstorbener Vorgänger Dr. Goebbels, durch die konsequente lautstarke Aufklärung im DDR Fernsehen das verunsicherte Volk wachzurütteln. Karl Edu von, Erfinder des investigativen Journalismus, hatte nun seine großen Stunden. Endlich wurde der ganze Schwindel der BRD aufgedeckt und öffentlich gemacht. So war dem verbleibendem Rest des Volkes bald klar, das es wie 1939 nur an der Nase rumgeführt worden war und alles nur dazu diente neues Unheil über das Land der DDR zu bringen.
Trotz all dem Schutz den man nun dem eigenen Volk zu Teil werden ließ, gab es aber immer wieder Unfrieden im Lande. Schwester wollte zu Bruder, Kinder zu Eltern, doch wie diesen Wall durchdringen…
Geschickt und gewitzt setzte man sich also mit dem Klassenfeind an einen Tisch und obwohl der Saar Gebürtige ja die Finanzprobleme und den Verfall der Wirtschaft der BRD in den 70er Jahren kannte, wurde von ihm ein Milliardenschweres Geldpräsent für die Lockerung der Einreiseregeln für DDR Bürger zur Westverwandtschaft und umgekehrt gefordert.
Unter strengster Geheimhaltung wurden nun die Bürger der BRD aufgefordert die Familien und Freunde aus der DDR zu besuchen und hier zu protzen was das Zeug hält. Geschenke sollen man machen und Essen in Hülle und Fülle auffahren. Ja der DDR Bürger sollte vor Neid erstarren. Man verheimlichte die Gentechnik gegenüber dem Klassenfeind und erfand neue Früchte, wie Bananen und Ananas um nur einige zu nennen und man erfand extra zu diesem Zwecke das blaue Nyltesthemd.
Jedes mal wenn ein DDR Bürger nun Besuch bekam wurde sein Wunsch auch an diesen verbotenen Früchten zu naschen größer und größer.
So kam es wie es kommen musste der Klassenfeind schaffte es abermals den DDR Bürger mit falschen Tatsachen zu verblenden und so schrie schon bald ein Teil des Volkes nach Reisefreiheit und anderem Quatsch.
Enttäuscht über soviel Undankbarkeit und im Zuge der politischen Krise und Wende in der DDR, wurde am 18. Oktober 1989 Erichs Rücktritt von allen Ämtern bekanntgegeben. Offiziell hieß es hierzu: „Das ZK hat der Bitte Erich Honeckers entsprochen, ihn aus gesundheitlichen Gründen von der Funktion des Generalsekretärs, vom Amt des Staatsratsvorsitzenden und von der Funktion des Vorsitzenden des nationalen Verteidigungsrates der DDR zu entbinden.“
Ja das war dem Erich wirklich zu Dumm, er hatte alles probiert, aber am Ende war es sein störrisch undankbares Volk das seinen Schutzengel zum Nichtstun degradierte.
Selbst die treuesten seiner Anhänger wie der große Mielke brachen nun in Tränen und Gejammer aus und beschimpften den ach so grausigen Erich und seine Erichlinde als Staatsfeinde Nummer eins. Vielleicht hätte er sich einen Bart….!?
Kurze Zeit später nachdem das Volk der DDR auch mehr Reisefreiheit forderte gab es eine komische Folge von Zufällen in der „noch DDR“…
Irgendwie war man der Meinung nur wer sehen kann, dass er verarscht wird, wird auch begreifen. Also setzten die neuen „Reformer“ der DDR auf Reisen mit Anmeldung und Visum…
Aber da gab es dann im gewohnt kurzen Unterrichten des Volkes eine klitzekleine Panne. Am Abend des 9. November 1989 verlas ein gewisser Schabowski, Mitglied der neuen Macher, auf einer internationalen Pressekonferenz, die live im DDR-Fernsehen übertragen wurde, als Antwort auf eine Frage des italienischen Journalisten und ANSA Korrespondenten Riccardo Ehrman die Nachricht über eine neue Reiseregelung, die von je zwei hohen Offizieren des Innenministeriums und der Staatssicherheit formuliert worden war:
Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt. Die zuständigen Abteilungen Pass- und Meldewesen der Volkspolizeikreisämter in der DDR sind angewiesen, Visa zur ständigen Ausreise unverzüglich zu erteilen, ohne dass dabei noch die Voraussetzungen für eine ständige Ausreise vorliegen müssen. […] Ständige Ausreisen können über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD bzw. zu West-Berlin erfolgen.
Auf die Frage eines Journalisten, ab wann die neue Regelung gelte, antwortete Schabowski wörtlich: „Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich.“
Genüsslich die neue Führung der DDR beobachtend legte man nun in der BRD nach und ließ über das Propagandafernsehen der BRD verbreiten:
>>>>>>>Die Mauer ist weg!<<<<<<<<
Zögerlich betrachteten die ab diesem Zeitraum nun so genannten Wessis, wie die ebenfalls ab diesem Zeitraum so genannten Ossis, die BRD stürmten.
Schnell wurden die Händler der BRD aufgefordert Bananen und andere geheime Genmanipulierte Früchte an die Übergänge zu bringen und die Banken wurden angewiesen jedem für den Kauf 100 BRD Mark zu geben.
Es musste um alles in der Welt ja der Schein des Schlaraffenlandes gewahrt bleiben. In den Kaufhäusern wurden schnell Musterwaren erstellt, so wurden zum Beispiel aus dem Einheitsfernseher der BRD durch geschickte Veränderung an Gehäuse und Namen der Eindruck suggeriert es handele sich um hunderte von verschiedenen Produkten. Großes Glück hatte auch die Autoindustrie der BRD der bereits ein Jahr vor Maueröffnung die Herstellung der Metallkarosserie gelungen war. So war denn im goldenen Westen nichts mehr aus Pappe, außer der bekannte Ost-Protz-Päckchen Karton.
Oh Gott, keiner hatte damit gerechnet und nun sehen die vielen mit hohen Erwartungen kommenden DDR Bürger das alles nur eine gezielte Täuschung war um sie in den „goldenen Westen“ zu locken und der Zwangsarbeit zuzuführen.
Enttäuscht und entsetzt von so viel lügenden Wessis gingen immer mehr Ossis in ihr altes Land zurück und kehrten der BRD für immer den Rücken zu. Kein Versuch war den Wessis heilig und so versuchte ein alter Dicker Mann diesmal einer ohne Bärtchen, dem Rückzug der Ossis einen Riegel vorzuschieben. Er schmiedete in einer Nacht und Nebelaktion einen teuflischen Plan der am 3. Oktober 1990 in die Geschichte der BRD eingehen sollte und durch sein Tun der DDR den Todesstoß brachte.
Wiedervereinigung war das Stichwort, schlitzohrig und skrupellos versuchte dieser Kontrakt sich die DDR einzuvernehmen und somit an Einfluss an deren Volk zu gewinnen.
Mit aller Kraft versuchte man nun die Ossis bei Laune zu halten, aber auch die Aufnahme von hohen Krediten und der damit mögliche Luxusschein halfen nicht den Ossi bei der Stange zu halten. Immer mehr zog es in die alten Regionen zurück und immer lauter wurde die Nachricht vom flüchtenden Ossis aus der BRD. Mittlerweilen schlossen sich auch immer mehr Wessis diesem Trend an. Oft stark verschuldet durch die staatlich befohlenen Kredite für den Vorzeigereichtum, hofften sie hier den Fängen der BRD Geldeintreiber zu entkommen. Schon bald meldeten die ehemaligen DDR Länder ein Flut an Heimkehrern sowie Neubürgern aus Wessiland und es wurde jedem klar, dass bald kein Platz mehr in der damals so guten alten DDR war.
Doch dann kam es wie es kommen musste, der BRD Staat verkündete im Jahre 2008 seine Insolvenz. Die Bankenwelt zahlt nun ihren Tribut für all die Täuschungen und all das Aufbauschen das wir gegenüber den Ossis im Schilde führten. All die Jahre wurden Kredite verteilt und nicht auf die Liquidität geachtet. Aber nun ist auch diese Blase geplatzt.
Erneut überlegt man nun seitens der Linken Führung und des Ossis Stimme eine Mauer zu bauen, um so das Volk und die aufgenommenen Wessis vor weiterem Unheil zu schützen und zu bewahren.
Vorbei sind die vollen Teller der Wessis, vorbei ist es mit den Verlockungen, vorbei mit dem Jubel und der angeblichen Freude. Nun sitzen sie da in ihrem kapitalistischen Westen und heulen der DM hinterher. Können sich kaum rühren und träumen von einem Land wie einst der DDR. Seit Mitte der fünfziger Jahre gab es in der DDR keine statistisch signifikante Arbeitslosigkeit. Im Gegenteil:
Mehr und mehr machte sich Arbeitskräftemangel bemerkbar, der in den achtziger Jahren zu einem Welthöchststand an Frauenbeschäftigung führte. Mehr als 90 Prozent der Frauen im arbeitsfähigen Alter besaßen einen Arbeitsplatz.
Wie hallen da plötzlich die alten Gesänge in den Ohren: Baut auf baut auf… wie viel Glücksseeligkeit liegt in diesen Worten. Ich sehe sie noch die blauen Hemden und die Fahnen im Winde… All das was Deutschland immer so stark gemacht hat über die Jahrhunderte hinweg. Ich will nun das es wieder kommt wir brauchen eine neue Lebensaufgabe, wir brauchen einen neuen Führungsstil, ja notfalls müssen wir das Volk überzeugen in ein neues Deutschland zu gehen. Lasst uns ohne diese verlogenen Wessis neu anfangen, alles was wir brauchen haben wir in unserer Hand. Es ist nicht zu spät den alten Arbeiter und Bauernstaat wieder aufleben zu lassen, um für eine bessere Zukunft zu kämpfen.
So stimmt denn mit ein in unser Lied:
Jugend, erwach, erhebe dich jetzt, die grausame Nacht hat ein End. Und die Sonne schickt wieder die Strahlen hernieder vom blauen Himmelsgezelt. Die Lerche singt frohe Lieder ins Tal, das Bächlein ermuntert uns all. Und der Bauer bestellt wieder Acker und Feld, bald blüht es überall.
Allüberall der Hammer ertönt, die werkende Hand zu uns spricht: Deutsche Jugend, pack an, brich dir selber die Bahn für Frieden, Freiheit und Recht. Kein Zwang und kein Drill, der eigene Will‘ bestimme dein Leben fortan. Blicke frei in das Licht, das dir niemals gebricht. Deutsche Jugend, steh deinen Mann.
Alles was wir brauchen ist fester Wille, Mut, Furchtlosigkeit
und eventuell einen „Schnauzbärtigen“
denn die hatten sich doch immer bewährt
oder??
Märchenhafte Gedanken, die mich derzeit in Berlin erreichen.
Aufgeschrieben am 7. Mai 2009 in der Küchenstube des T.B.
nach zahlreichen Erlebnissen und mehr oder weniger tiefsinnigen Gesprächen, mit Ossis und Wessis, immerhin fast 20 Jahre nach dem ominösen Mauerfall…
Jürgen Krupatz
Ja das musste einfach mal geschrieben werden und so hatte ich natürlich nach erbostem Lesen der kleinen „Erfindung“ ein paar Verwandte weniger…
Das milde Wetter und der schöne Frühling brachten die Herzen der Gastronomie in neue Höhen. Es war schon toll noch bevor der Sommer richtig da war hatte es schon kaum noch einen freien Tisch in den Biergärten und Restaurants. Es hob die Stimmung der Besucher deutlich an und man saß lange bis in die Nacht draußen, trank und aß und plauderte munter drauf los. In Kreuzberg Anschluss zu finden ist nicht schwer. Selbst mir der immer etwas eigenwillig daher kam gelang dies eigentlich fast immer.
Man war natürlich auch etwas neugierig wer sich da hinter dem Fotoapparat versteckt. Mit meiner Ausrüstung, dem Hut, den langen Haaren sah ich schon aus wie eine Künstler, oder zumindest eine Kunstfigur.
Einmal habe ich eine alte Frau getroffen. 94 Jahre hatte sie auf dem Buckel und hat mich angesprochen, weil ich ihr so interessant vor kam mit meinem „Fotokasten“ ! Sie erzählte mir, dass ihre Tochter gerade gestorben sei und dann innert einer Stunde ihr ganzes Leben. Ich habe ihr einfach mein Ohr gegeben und meine Aufmerksamkeit und habe bemerkt wie sie Minute um Minute glücklicher wurde. Es war ein schönes Erlebnis was zeigt wie es im Alter sein kann wenn keine Freunde mehr da sind. Und so stand ich noch eine Weile und sah der Oma hinterher wie sie wieder in ihrer Einsamkeit verschwand. Nachdenklich und bewusst wischte ich mir die Tränen aus den Augenrändern und ging weiter auf meinem Weg. Jedoch fortan berührt von diesem Gespräch und den Gedanken an die vielen einsamen Menschen auf dieser Welt.
Ich habe selbst immer nach neuen Herausforderungen gesucht und sie immer gefunden. Auch Berlin/Kreuzberg war eine starke Herausforderung. Oft zwischen Freude und Angst, die Freude meinen Weg zu gehen und die Angst mit 10 Euro in der Metropole Berlin zu stehen und nicht zu wissen wo die nächsten 10 Euro her kommen. Aber ich bin den harten Weg gegangen und habe bestanden. Einmal sogar musste ich meiner Frau die Tränen trocknen, die drauf und dran war mir Geld zu senden, was ich jedoch immer abgelehnt habe. War am Anfang noch geplant einen Kreuzbergführer zu schreiben, ist es nun ein Buch über die Realität eines Jahres. Ein Buch über Luxus und Armut und über alte Menschen die in dieser schnelllebigen Welt keine Perspektive mehr haben.
Manchmal ereilte mich auch die Angst und wenn die auf die Melancholie des Seins traf kam schon mal eine Liedzeile raus…
Berlin 94 du warst grau und schwer zu verstehen
deine Ossis merkens auch, die Euphorie ist dabei zu gehen.
Berlin warum kann ich dich nicht lieben wie ich es vorher tat
ich muss raus muss woanders hin setz mich ab in nen neuen Staat.
Heute hab ich dich wieder getroffen, deine Grenzen sind noch offen langsam kommst du zurück taumelst hier und da bist du etwa besoffen. Oh Berlin du bist Multikult und auch türkisch russisch und smart gehst du durch 36 dann wird dir schnell klar hier läuft es auch mal hart.
Oh Berlin ich fang an zu schreien denn ich versteh nicht was du willst sehe all deine Kinder liegen in den Gossen sie trinken lautstark ihr Pils. Meine Ossis sehn mich böse an sagen ich wär mit schuld an dem Verrat und das nur weil ich ein Wessi bin und mein Leben vorher gelebt hab.
Nein Berlin so machst du mich nicht an das stand nicht so auf meinem Plan und ich renne durch die Strassen komme mit der Seele nicht voran. Von der Seite quatschen mich drei Türken an sagen hey Fotograf Mann lass mal deinen Gedankenwahn und fang mit deiner Arbeit an.
Fette Henne, Döner oder Curry mit Brot, alles kriegst du hier reingeschoben solange du lebst bist du noch nicht tot. Also Friss es hinein denn du bist nicht allein du kannst doch jetzt nicht schon müde sein der Morgen wird rot es naht der Tag und seine Not.
Nacht, getrieben von stampfenden Beats, fand ich mein Glück mit Paul van Dyk. Er legte mir wie in Trance den Keyboardteppich hin zum Tanz. Wilde Spotlights zuckende Blitze das Licht scheint den Raum zu besitzen. Scanner die sich in Beats verwinden damit Menschen im Rhythmus ihren Frieden finden…
So machte ich selbst manche Nacht zum Tage und zog natürlich ohne Ausrüstung die eine oder andere Nacht durch das tobende Leben Berlins.
Es gab Tage da brauchte ich Abstand von Kreuzberg und von meiner Arbeit um danach völlig „genesen“ wieder bereit zu sein für das, was mich durch meinen täglichen Gang erwartete.
Wenn man mit 53 noch reifen kann, dann bin ich in diesem Jahr reifer geworden, habe aussortiert die Freunde die wohl nie welche waren, habe aussortiert die Menschen die nicht wirklich in mein Schema passen. Manches wurde mir nicht leicht gemacht aber ich kann heute sagen ich nahm alles an mit Würde und anstand ist es erledigt worden. Die Freundschaften die nun noch tiefer geworden sind geben mir den Wind, den ich zum weitersegeln brauche.
Berlin nach all den Jahren ein Jahr zu erleben war glaube ich eine spannende aber auch eine wichtige Erfahrung und so bin ich froh mir einfach die Zeit genommen zu haben um mein Leben zu bereichern. Wie ich heute weiß haben auch einige Freunde davon partizipiert denn auch sie sind froh, dass ich da war.
Ich habe einmal einer Freundin in Berlin einen Text geschrieben der sollte zum Nachdenken anregen und dafür sorgen sich mehr Zeit für unsere Lieben zu nehmen, denn nur die Zeit weiß wie wichtig die Liebe ist.
Zeit zu leben
Text Jürgen Krupatz
ein Monat hat 44.000 Minuten
teilt man diese ein, in 1/4 Arbeit, 1/4 Schlafen, 1/4 Erledigungen
so bleiben 11.000 Minuten übrig…
11.000 Minuten in denen wir nicht die Zeit finden 15 Minuten mit einander zu sprechen bzw. zuzuhören.
Wisst ihr, was für mich in den letzten Jahren das schlimmste war:
nicht 15 Minuten mehr Zeit, investiert für liebe Worte gehabt zu haben, als meine Mutter starb.
Ein Monat hat 44.000 Minuten…
und wir Menschen schwören darauf, dass wir keine davon, für den Anderen Zeit gehabt haben, den wir so sehr lieben…
Erst wenn wirklich keine Minuten mehr verbleiben, merken wir den Schmerz den es uns bereitet, nicht einmal 15 Minuten für den Anderen Zeit gehabt zu haben
Zitat aus Zeit zu Leben
von Klaus Hoffmann mein Lieblings Chanson Sänger
und der Wind fegt all die Blätter fort
und der Tod, ist mehr als nur ein Wort
denn nichts bleibt, nichts bleibt, nichts bleibt
© Klaus Hoffmann
Ein Lied das wir alle mal hören sollten und dann auch verstehen lernen müssen.
Ich habe dieser Freundin auf die dieser Text dann bezogen war nicht die Freundschaft, aber deren Wertigkeit aufgekündigt und sie zu den normalen Freunden ohne Anspruch und Verpflichtung sortiert.
Ja so lief nicht immer alles hübsch und glatt während dieses Jahres ab aber zum Leben gehören auch solche Erfahrungen.
Aber es gab natürlich auch unheimlich lustige Momente, daran waren oft die jungen lustigen Türken schuld. Die hatten ja immer einen Spruch drauf wenn ich mit der Kamera vorbei ging. Ej Mann ja du ej mit dein Fotoapparat mach mal Foto von mir. Auch die jugendlichen Türkinnen sprachen mich fast eben so oft an wie junge deutsche Mädels alle wollten eine Setcard und natürlich, dass ich sie groß herausbringe.
Was hätte ich knipsen können da wären schnell ein paar tausend Fotos mehr zusammen gekommen.
Ein Ereignis vor dem ich lange gezögert habe da mir der Nutzen für dieses Buch nicht ganz klar erschien war die Kanalfahrt mit einem Boot vom Halleschen Tor. Ich ging schon früh zum Anleger um mir den besten Platz zu suchen und hab es dann auch geschafft vorne auf das Boot zu gelangen und mit zwei Kameras bestückt machte ich dann meine Bilder. Der Kahn verlässt zwar Kreuzberg in Richtung Schöneberg fahrend schon bald, aber die Einblicke sind allemal spannend. Das dann erlebte setzt der Fahrt die Krone auf, denn es geht über die Spree durch das Zentrum Berlins bis man kurz hinter der Oberbaum Brücke wieder in den Landwehrkanal einbiegt. Hunderte von jungen Menschen liegen hier am Ufer teilen sich ein schmales aber tolles Terrain zum Lesen, Spielen und Relaxen. Trotz der großen Anzahl derer die dort das Leben genießen kommt keine Enge auf denn die Uferstreifen ziehen sich ja komplett durch den Bezirk.
Überhaupt man staunt immer wie viel grün es selbst mitten in der Stadt gibt, fast unglaublich. Das alles macht den Bezirk auch schön und daraus resultiert vielleicht auch die Abneigung der Kreuzberger gegen die neuen Reichen, die mit Luxuslofts ins Grüne bauen wollen. Nicht ganz fair aber wie man sieht mit viel Druck fällt dann des Nachts der eine oder andere Benz dem Feuer zum Opfer.
Da könnte man meinen die alten 68er wären wieder erwacht aber das sind dann wohl eher die jungen Wilden einer neuen Epoche die sichj einfach ihren Kiez nicht kaputt machen lassen wollen. Was passiert denn wenn der Luxus Einzug hält? Dann sterben irgendwann auch die Infrastrukturen der Leute die ihr Leben im Jetzt dort bestreiten oft mit kleinen Jobs oder gar Hartz 4 Empfänger. Wer hier mal zu Ende denkt kann diese gleich umsiedeln und wie früher neue Gettos bauen. Der Wedding in Berlin lässt sich ja schließlich nicht ohne Ende vergrößern, oder?
„Man muss wissen, von welcher Straße man abzweigt.“ Der Satz stammt ursprünglich vom Jazztrompeter Till Brönner, aber eventuell sollten sich mal die darüber Gedanken machen die einfach still und leise aus einem gestandenen Kiez einen Palast für Superreiche machen wollen. Neid ist da wenig im Spiel denn wer von denen die da zündeln hat überhaupt nen dicken Benz den er dank Fahrstuhl mit ins Foyer seiner 200 m2 Bude nehmen könnte!
Von denen will auch keiner in Kreuzberg einkaufen und das Leben mit gestalten. Nein, der einzige Hintergrund ist die grüne Struktur des Bezirks und die Nähe zum Zentrum mit all seinen teuren Tempeln, in denen sich die Herrschaften nach strich und faden verwöhnen lassen können.
Foto/Text JK ©2009